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Stundenlohn richtig kalkulieren

Stundenlohn richtig kalkulieren

Stundenlohn richtig kalkulieren

Wenn Du selbstständig oder freiberuflich arbeitest, hast Du Dich sicherlich auch schon gefragt, wie Du Deinen Stundenlohn richtig kalkulieren kannst. Natürlich möchtest Du Dich nicht „unter Wert“ verkaufen, aber wenn Du zu teuer bist, bleiben die Aufträge aus. Nicht jeder kann sich leisten, billige Aufträge konsequent abzulehnen, denn oft lautet die Entscheidung „lieber wenig Geld als gar kein Geld“.

Aber wie sollst Du Deinen Stundenlohn eigentlich festlegen? So Pi mal Daumen? Einfach so wie die anderen?

Faktoren, um Deinen Stundenlohn richtig zu kalkulieren

Als Angestellte:r ist die Überlegung meist einfach. Du weißt, dass Du 3.500 EUR brutto brauchst, um nach Abzug aller Sozialabgaben auf Dein Netto zu kommen. Dein:e Arbeitgeber:in führt alle relevanten Abgaben automatisch ab und das ausgezahlte Gehalt ist für Dich zur freien Verfügung. Die meisten Angestellten kennen ihren (reinen) Stundenlohn gar nicht – oder es interessiert sie vielleicht einfach nicht. Wichtig ist allein das ausgezahlte Netto.

Bei Selbstständigen bzw. Freiberuflern sieht das Thema hingegen anders aus.

Jetzt könntest Du natürlich sagen „Alles klar, ich habe vorher 3.500 EUR brutto im Monat verdient, bei 160 Monatsstunden ergibt das einen Stundenlohn von 21,88 EUR.“ Klingt einfach, ist aber leider nur ein Teil der Wahrheit:

Dein (altes) Bruttogehalt reicht nicht mehr aus

Du musst natürlich als Selbstständige:r bzw. Freiberufler:in ganz allein für Deine Krankenkassenbeiträge und ggf. auch die Rentenversicherung aufkommen. Im Angestelltenverhältnis wurden alle Kosten bereits von Deinem Arbeitgeber:in bezahlt, weshalb Du „nur noch“ Dein Netto-Gehalt ausgezahlt bekommen hast.

160 abrechenbare Arbeitsstunden sind eher unwahrscheinlich

Als Angestellte:r hast Du Deine Stunden gearbeitet und dann war’s auch gut. Als Selbstständige:r musst Du Zeiten einplanen, um an Dir und an Deinem Unternehmen zu arbeiten. Vielleicht musst Du (regelmäßig) Fortbildungen besuchen, während dieser Zeit kannst Du keine Stunden abrechnen. Du wirst bestimmt auch mal krank, während dieser Zeit kannst Du keine Stunden abrechnen. Und natürlich brauchst Du auch mal Urlaub, während dieser Zeit kannst Du keine Stunden abrechnen.

Du musst Fixkosten und Zeiten mit weniger Aufträgen einkalkulieren

Die Tätigkeit als Selbstständige:r bringt u.U. auch Fixkosten für z.B. Software mit sich. Diese musst Du natürlich auch irgendwie mit einpreisen. Darüber hinaus wirst Du wahrscheinlich nicht das ganze Jahr über volle Auftragsbücher haben, weshalb Du auch Zeiten mit weniger Auftragsvolumen bei Deinem Stundenlohn einkalkulieren musst.

Die Faktoren im Einzelnen:

1. Verkaufe Dich nicht unter Wert!

Du kannst Dich ganz grob an dem durchschnittlichen Brutto-Lohn eines Angestellten in Deiner Branche und mit Deinen Qualifikationen orientieren. In unserem Beispiel bleiben wir bei 3.500 EUR.

2. Sozialversicherungsanteil des Arbeitsgebers einkalkulieren!

Bei einem Brutto-Gehalt von 3.500 EUR beträgt der SV-Anteil des Arbeitgebers etwa 800 EUR. Diese musst Du zukünftig selbst bezahlen.

3. Anzahl Arbeitstage ausrechnen!

 365Tage im Jahr
13Feiertage (abhängig vom Bundesland)
30Tage Urlaub pro Jahr (lege hier Deinen Anspruch zugrunde)
10Tage krank pro Jahr (lege hier Deine individuelle Einschätzung zugrunde)
5Tage Fortbildung (lege hier Deinen individuellen Ansatz zugrunde)
=203Arbeitstage pro Jahr
/12Monate
=16,91Arbeitstage pro Monat

4. Fixkosten mit einrechnen!

Du musst die Kosten für Computer, Software, Büro, Strom, Telefon/Internet und Versicherungen mit einrechnen. Hier kommen pro Monat schnell mal 1.000 EUR zusammen.

5. Produktive Arbeitszeit pro Tag kalkulieren!

Niemand arbeitet 8 Stunden pro Tag wirklich produktiv. Als Selbstständige:r musst Du vor allem auch Zeiten für Marketing, Akquise, Projektvorbereitung, Besprechungen und Buchhaltung etc. einplanen. Gehen wir deshalb von 75% produktiver Arbeitszeit aus, also 6 Stunden pro Arbeitstag.

6. Plane Gewinn mit ein!

Krank und/oder Urlaub muss man sich als Selbstständige:r im wahrsten Sinne des Wortes leisten können, deshalb musst Du bei der Kalkulation Deines Stundenlohns auch hierfür einen Anteil einplanen. Gängig (und realistisch) ist hier ein Faktor von 0.85 – damit beträgt dein Gewinnzuschlag 15%.

Nun kannst Du Deinen Stundenlohn richtig kalkulieren

Wenn Du alle oben genannten Faktoren berücksichtigst, könnte die Kalkulation für Deinen Stundenlohn in etwa so aussehen:

 3.500 EURBrutto-Arbeitslohn
+800 EURAG-Anteil Sozialversicherung
+1.000 EURKosten für Software, Büro, Versicherungen etc.
=5.300 EURKosten pro Monat
/16,91Arbeitstage pro Monat
/6Arbeitsstunden pro Tag
/0.85Gewinnfaktor
=61,46 EURStundenlohn (netto)

Natürlich können Deine individuellen Zahlen von meinem Beispiel oben abweichen, dennoch solltest Du sehr kritisch Deinen Stundenlohn richtig kalkulieren und nicht einfach „Pi mal Daumen“ schätzen.

Es ergibt sich nämlich ein Teufelskreis, wenn Du Dich zu Anfang oder auch während Deiner Selbstständigkeit unter Wert verkaufst:

a) Du kannst später nur sehr schwer Deinen Stundenlohn erhöhen und wenn es Dir gelingt, ist es erfahrungsgemäß nur in kleinen Schritten möglich.

b) Du hast aufgrund Deines geringen Stundenlohns zwar die Bücher voll, aber wirklich Geld verdienst zu trotzdem nicht.

c) Wegen der vollen Auftragsbücher hat Marketing und Akquise von Neukunden für Dich keine Priorität, deshalb bleibst Du lange auf Deinen „billigen Kunden“ sitzen.

d) Vor allem wenn Deine Kunden auf Empfehlung zu Dir kommen, ist es sehr schwer, unterschiedliche Stundensätze zu verkaufen.

Fazit: Stundenlohn richtig kalkulieren

Natürlich ist es schwer, zu Beginn Deiner Selbstständigkeit Deinen Stundenlohn zu verteidigen und duchzusetzen. Du kannst noch kein Portfolio mit abgeschlossenen Aufträgen vorweisen. Und außerdem musst Du Geld verdienen.

Nichtsdestotrotz solltest Du an Deiner Kalkulation festhalten. Überlege Dir lieber gute Argumente für Dich und Deine Dienstleistung oder Deinen Service, und argumentiere, weshalb Du genau diesen Stundenlohn wert bist. Das mag am Anfang befremdlich wirken, wenn Du lernen musst, Dich selbst zu verkaufen. Du kannst Deine Energie aber lieber in einen wirklich guten Pitch stecken, als nachher vor lauter billiger Arbeit keine Zeit mehr für die Grundlagen zu haben.

Wie hast Du bisher Deinen Stundenlohn kalkuliert?

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